Erziehungsprobleme

Gary Elias, der jüngste Reed, inzwischen schon neun Jahre alt (vgl. Holterdiepolter), macht den Eltern Sorgen: In der Grundschule zeigt er sich aggressiv, schlägt ein anderes Kind ins Gesicht und ist den Eltern und allen anderen deutlich zu frech für sein Alter. Deshalb fährt Jabulile mit ihm zu ihrem Vater, um sich einen Ratschlag von dem alten Schulrektor zu holen. Der rät dazu, den Jungen stärker in die häuslichen Aufgabe der Familie einzubinden, ihm Verantwortung zu geben, aus der er Anerkennung schöpfen kann. Anscheinend müssen große Pädagogen sich nicht um Ursachen oder Persönlichkeit kümmern, um solch gediegene Rezepte zu entwickeln. One size fits all! (Anlässlich des Besuchs führt Gordimer uns übrigens explizit vor, dass Gary keinerlei Schwierigkeiten damit hat, sich der Autorität seines Großvaters unterzuordnen.)

Der Rat stößt bei Steve auf Misstrauen, da er ihn nicht versteht (wer könnte es ihm verübeln?) und auch zu faul ist, sich zu überlegen, worin solche kleinen Aufgaben für den Jungen denn bestehen könnten. Aber er will deshalb auch keine Auseinandersetzung mit Jabulile führen, und so bleibt ein weiterer Konflikt ungelöst stehen. Amor vincet omnia!

Diesmal bin ich besonders unzufrieden mit der Übersetzung: An einigen Stellen versucht die Übersetzerin der Autorin auf die Sprünge zu helfen, indem sie im deutschen Text Erläuterungen und Ergänzungen hinzufügt, die keine Entsprechung im Original haben (so ist an zwei Stellen von einem (Fußball-)Stadion die Rede, von dem das Original nichts weiß; an anderer Stelle fügt sie ein erläuterndes „isiZulu“ hinzu, wo es im Original schlicht „their language“ heißt). Manches ist schlicht ungenau: „Can’t take him lightly.“ heißt einfach nicht „Sie kann es nicht leicht nehmen.“ Und „in the new dispensation“ mit „in der neuen Ordnung“ zu übersetzen, ist sträflich phantasielos.

Mir sind die Gründe für diese Abweichungen grundsätzlich schon klar: Ein enger Zeitplan für die Übersetzung, die sprachliche Sperrigkeit des Originals, die dazu verführt, seine Lesbarkeit (diese heilige Kuh der Verlage) zu verbessern, wahrscheinlich auch die fürstliche Entlohung. Dennoch machen alle diese Gründe die Übersetzung nicht wirklich besser; und die hier angeführten Beispiele sind keine Einzelfälle.

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